Sprachenlernen, Versuch 4: Duolingo
Ich habe ja so einen konkreten Lebensplan, und dieser sieht unter anderem vor, dass ich bis zum Alter von 30 (dahin sind zum Glück noch ein paar Jahre) zwei weitere Sprachen lerne. Jetzt ist es so, dass Sprachen lernen nicht unbedingt zu meinen Lieblingsaufgaben zählt, und gerade in der Schulzeit hatte man das anhand meiner Noten deutlich gemerkt. Später in der Ausbildung war ich dann zwangsweise gegenüber meinen Mitauszubildenden einer der besten in Englisch (ihr könnt euch denken warum: Das war etwa die Zeit, in der ich angefangen habe Linux zu nutzen. Ohne Englischkenntnisse läuft da gar nichts, zumindest nicht wenn man so tief einsteigt wie ich).
Konkretes Ziel ist jetzt zum einen Französisch, welches ich gerne halbwegs flüssig sprechen möchte (etwa auf Sprachniveau B2), sowie Russisch, welches ich lediglich grob verstehen möchte (für einfache Gespräche, Sprachniveau B1).
Französisch, weil mir die Sprache gefällt, ich das Land mag, die Kultur sowie der Urlaub in Paris bisher einer meiner schönsten war und Russisch hauptsächlich deswegen, weil es anders ist. Roher, mit kyrillischen Schriftzeichen sowie weder germanischen noch romanischen Ursprungs (im Gegensatz zu Englisch, Deutsch oder Französisch).
Den ersten Ansatz die beiden Sprachen zu lernen habe ich bereits Anfang 2015 unternommen, über Rosetta Stone, wobei mir der Preis ehrlichgesagt zu hoch ist und die Software zudem nur auf Windows läuft (eigentlich ein No-Go in meiner Welt).
Der zweite Versuch war dann kurze Zeit darauf, als ich zufälligerweise über passende VHS-Kurse stolperte. Problem dabei ist allerdings, dass es wirklich davon abhängt wer diese Kurse anbietet (und so wie es aussieht kann nahezu jeder entsprechende Kurse anbieten) und auch, wie viele Teilnehmer sich finden und wie die Gruppendynamik aussieht. Bei Französisch hatte ich Glück – tolle Teilnehmer, eine hervorragende Lehrkraft welche Französisch neben den VHS-Kursen auch beruflich an Schulen lehrt und nicht diese typische Klassenzimmerstimmung welche man noch aus der Schule kennt. Bei Russisch hingegen hatte ich weniger Glück, zum einen weil wir einen Teilnehmer hatte der liebend gerne lange Anekdoten über sich selbst erzählte (Alter, ich bin hier um Sprachen zu lernen und nicht um Geschichten zu hören), andrerseits, weil die Lehrkraft in diesem Kurs weder Durchsetzungsvermögen noch ein sauberes Konzept hatte. Was bei beiden Kursen allerdings zu bemängeln war: Vokabeln lernen, Grammatik pauken, Dinge in Sprachen vor anderen Teilnehmern sagen die man noch gar nicht ganz verstanden hat. Eben wie in der Schule.
Den ersten Russischkurs hatte ich dann noch beendet, bei Französisch wurde auch der zweite Kurs gebucht, bis jeder von uns Niveau A1 erreichte. Leider prägte sich das Wissen nicht wirklich lange ein und es kam wie es kommen musste: Der Nachfolgekurs wurde aufgrund mangelnder Teilnehmerzahl abgesagt.
Es war also an der Zeit etwas anderes zu finden. Nach etwas Recherche fand ich dann die Sprachlernmethode von Vera F. Birkenbihl (leider 2011 verstorben – Frau Birkenbihl hatte wirklich eine einzigartige Sichtweise wenn es darum ging, die Welt zu erklären) welche unter dem Motto "Gehirn-gerechtes Sprachenlernen" läuft. Gehirn-gerecht bedeutet, dass die Sprache so gelernt werden soll, wie die Muttersprache, man allerdings von ein paar Verbesserungen diesbezüglich Gebrauch machen kann. Die Methode klang gut, keine Grammatik, Ziel ist es ein natürliches Sprachgefühl zu entwickeln welches auf vier Methoden basiert. Doch einen Haken hat die Birkenbihl-Methode wenn man sie im Selbststudium anwendet und nicht von einer Lehrkraft beigebracht bekommt: Man braucht jemanden, der einem hilft, oder alternativ sehr viele entsprechend aufbereitete Videos um eine Sprache zu lernen. Für Englisch gibt es in dieser Hinsicht mittlerweile ein massives Angebot, wohingegen man das für Französisch leider etwas suchen muss. Kurzgesagt: Auch hier ging irgendwann die Motivation verloren neue Inhalte zu finden und zu bearbeiten. Ich war noch nicht so weit Texte die mich interessiert hätten verstehen zu können, aber weit genug, um etwas mehr als ein Anfänger zu können.
Über den mittlerweile vierten Versuch bin ich dann rein zufällig gestolpert. Das Angebot nennt sich Duolingo (Multilingo als Name wäre wohl besser gewesen) und scheint an die Birkenbihl-Methode angelehnt zu sein. Genau das, was ich gesucht hatte. Das Angebot selbst ist kostenlos verfügbar, wobei die Finanzierungsfrage noch nicht so ganz geklärt zu sein scheint. Ich gehe hier lediglich auf die Android-App ein, welche gelegentlich (selten) Werbung am Ende einer Lektion zeigt (die auch nicht stört), allerdings scheint es zumindest am PC keine Werbung zu geben. Einzelne Studien bestätigen zudem die Wirksamkeit der Methode, Zitat:
Die Wirksamkeit von Duolingos Ansatz wurde von einer externen Studie untersucht […] dass 34 Stunden Duolingo den gleichen Fortschritt bei Lesen und Schreiben erzielen, wie ein Erstsemesterkurs an einem US-College, der mehr als geschätzte 130 Stunden dauert. […] Bei einem Vergleich wurde festgestellt, dass Benutzer der Software Rosetta Stone etwa 55 bis 60 Stunden benötigten, um den gleichen Stoff zu lernen.
– Duolingo – Wikipedia
Grund genug, das einfach einmal auszuprobieren. Für den Anfang braucht man keine Registrierung, ein Nutzerprofil ist allerdings empfehlenswert wenn man sich dann tatsächlich mit der Methode angefreundet hat. Positiv hervorzuheben ist, dass erstaunlich wenig Daten bei der Registrierung abgefragt werden, erforderlich sind lediglich ein Nickname, eine gültige E-Mailadresse sowie ein Passwort.
Zur Zeit ist es möglich bei der Ausgangssprache Deutsch lediglich drei andere Sprachen zu lernen: Englisch, Französisch und Spanisch. Da ich sowieso auch gleichzeitig mein Englisch aktuell halten wollte habe ich als Ausgangssprache Englisch gewählt, womit mir derzeit wohl um die zwanzig Sprachen zur Verfügung stehen. Das sollte für den Anfang genügen. Wer bereits Grundkenntnisse in einer Sprache hat kann diese von der App bewerten lassen und dadurch gleich etwas höher einsteigen – falls nicht wird mit den Basics begonnen.
Die App ist relativ simpel aufgebaut, man wählt Tag für Tag eine neue Lektion in einem Berreich aus, bis man diese abgeschlossen hat. Anschließend werden diese gold-gelb markiert. Da man neu gelerntes nur dann behält, wenn man es regelmäßig abfragt, haben sich die Entwickler auch dafür etwas ausgedacht: Je nachdem, wie viel Zeit vergangen ist, leert sich der kleine Balken unter einer Lektion. Hierfür werden dann eigene Übungen zusammengestellt, sogenannte "Weakest Words". D.h. man kann diejenigen Wörter üben, die man mit der höchsten Wahrscheinlichkeit gerade noch so weiß. Das genaue Prinzip ist in einem Blogpost näher beschrieben: How we learn how you learn.
Der linke Bildhälfte zeigt Lektionen bei denen man Wörter bereits vermutlich wieder vergessen hat (in "Phrases" und "Food"), die rechte Bildhälfte nachdem man jeweils die "Weakest Words" absolviert hat
Die Lektionen selbst sind relativ simpel aufgebaut. Es gibt immer jeweils eine Übung welche sein kann:
- Direkte Übersetzung (kleinere Schreibfehler werden von der Software erkannt, also keine Angst wenn mal ein Akzent über einem Buchstaben nicht passen sollte, die App weist darauf dann auch hin)
- Übersetzung durch kombinieren vorgegebener Textschnipsel
- Wortpaare finden
- Hörverständnis (inklusive der Möglichkeit Gesagtes langsamer wiederholen zu lassen)
- Sprachverständnis (die App nimmt das Gesagte auf)
Letztere beiden Optionen lassen sich temporär deaktivieren. Schließlich kann man nicht immer der App lauschen oder in der Öffentlichkeit lautstark üben. Alle anderen Aufgaben lassen sich hingegen unterwegs problemlos lösen. Zudem erhält man zu jedem Wort in der Sprache die man lernt immer die Aussprache, sodass sich langsam (passiv) ein Hörverständnis bilden kann und man neben der richtigen Schreibweise eines Wortes auch die Aussprache kennt.
In der Bildhälfte links oben eine direkte Übersetzung, rechts oben eine Übersetzung mittels vorgefertigter Wörter, links unten müssen zu Wörtern Übersetzungen gefunden werden und das Bild rechts unten zeigt den Bildschirm nachdem die Übung beendet wurde
Damit man tatsächlich täglich üben kann (und wie man auf dem letzten Bild rechts unten sehen kann habe ich das auch gemacht – den einen Samstag ausgenommen) sind die Übungen selbst relativ kurz gehalten. Zudem lässt sich einstellen, wie intensiv man üben möchte. Für jede abgeschlossene Aktion gibt es Punkte (in der Regel 10XP), die Voreinstellung sind 20XP/Tag (also zwei Übungen). Ich selbst schaffe in der Regel am Tag problemlos drei Übungen, manchmal auch mehr, je nachdem, wie ich gerade Zeit habe. Es lässt sich auch noch der Modus "Insane" wählen, welcher 50XP/Tag verlangt. Ich empfehle allerdings langsam anzufangen, denn auch wenn am Anfang die Übungen leicht vonstattengehen, so häufen sich nach ein paar Tagen doch auch die Wiederholungen für bereits abgeschlossene Lektionen, und das kostet dann auch nochmal Zeit.
Eine Kleinigkeit möchte ich noch ansprechen: Im ersten Bild ist rechts unten ein blauer Button mit einer stilisierten Hantel zu sehen. Klickt man auf diesen kommt man in den Modus "Strengthen Your Skills". Hierbei werden abgestimmt auf das bisherige Lernverhalten Übungen zusammengestellt um fit zu bleiben. Nützlich, wenn man nichts Neues lernen möchte, es aber auch gerade nichts zu wiederholen gibt.
Und damit wäre eigentlich alles gesagt. Der einzige Kritikpunkt der mir an der Stelle noch einfällt: Wenn man bspw. Russisch lernen möchte muss man sich das kyrillische Alphabet vorher selbst aneignen. Aber der Rest läuft via App. Wer also eine Sprache lernen möchte hat mit Duolingo die Chance das nun unglaublich spielerisch, effektiv und auch noch kostenlos zu tun. Das sollte man nutzen. Es erfordert jeden Tag nur ein paar Minuten, aber jeden Tag versteht man damit auch ein paar Wörter mehr. Und abgesehen davon macht es Spaß :)